Was geht auf Social Media? #43
Heute mit der Europa Wahl, mehr Käse auf Google, ohne Likes auf Twitter, dem Stachel in Metas Fleisch, BeReals neuen Hausherren, einer Letterboxd-Liste, Wut auf Adobe und ein paar lustigen Posts.
Die Wahl mit Käse überbacken
Das größte Thema der Woche auf Social Media war mit Sicherheit die Europa Wahl. Ich habe früher an Wahlabenden wie dem vergangenen Sonntag immer diesen Tweet retweetet:
Heute nicht mehr, denn X ist Teil des Problems. Was sonst noch Teil des Problems ist, wurde sich auf Reddit, im Subreddit "Tja" gefragt.
Insbesondere, warum junge Menschen so gewählt haben, wie sie gewählt haben. Auch wenn ich nicht glaube, dass die dort geäußerte Meinungen der Weisheit letzter Schluss waren, bietet der Blick in die Kommentare doch einen guten Blick in junge Gedankenwelten.
https://www.reddit.com/r/tja/comments/1dc36i6/tja/
Bei #reclaimTikTok wurden die Wunden geleckt und sehr gut eingeordnet.
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Magdalena Sophie Hess hatte auch auf der re:publica einen Vortrag gehalten und dort erklärt, warum die AfD auf TikTok so stark ist und wie #reclaimTikTok etwas daran ändern möchte.
Die AfD hängt nämlich mit Abstand alle demokratischen Parteien ab, was die Reichweite ihrer Inhalte auf TikTok betrifft. Das ist aber kein Zufall oder kommt daher, dass TikTok-User*innen rechter sind als der Rest der Gesellschaft. Sondern daher, dass die AfD sehr professionell an Social Media rangeht. Wo andere Parteien vielleicht ein Handvoll SoMe-Mitarbeiter*innen haben, hat die AfD alleine ein TikTok-Team von sage und schreibe 100 Köpfen. Doch damit noch nicht genug. Die Partei lässt auch ihre Community für sich arbeiten. In Telegram-Gruppen organisiert die rechtsextreme Partei ihre TikTok-Strategie und dazu gehört, dass sie regelmäßig Smartphones verlost an die Person aus ihrer Community, die mit AfD-Clips die größte Reichweite erzielt.
Auch inhaltlich maßschneidert die AfD ihren Content so, dass Jugendliche sich angesprochen fühlen. Die Partei gibt vor, zuzuhören und einfache Antworten zu haben. Hier bedarf es Angebote der demokratischen Parteien und der Zivilgesellschaft, die jungen Menschen Alternativen zur AfD und ihrer Weltsicht aufweisen, dabei aber dicht an den Interessen der Gen Z und Gen Alpha bleiben. Genau das macht die Aktion #reclaimtiktok. Sie wurde von Fridays for Future gegründet, aber wie immer bei Hashtag-Aktivismus kann jede*r mitmachen. Einfach den Hashtag verwenden.
Und die ersten Ergebnisse von #reclaimtiktok sind vielversprechend. Progressive, demokratische Themen können viral gehen, man muss es halt versuchen. Dabei gibt es ein paar Dinge, die man machen kann, um erfolgreich zu sein.
Zurück zu Wahl. Das einzig Gute ist, dass die AfD mit ihren Stimmen in Europa nicht viel machen kann, da sie aus ihrer Fraktion geworfen wurde. Denn die rechtsextreme Marine Le Pen möchte einen bürgerlichen Anstrich behalten, um französische Präsidentin zu werden. Dafür ist ihr die AfD in ihrem Auftreten zu radikal.
Was Hoffnung gibt, ist, dass #reclaimTikTok nicht aufgibt, sondern weiter geht und junge Menschen weiter über die AfD aufklären.
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Ein YouTuber im Europäischen Parlament
Bevor ich die Wahl verlasse und zu anderen Dingen und noch mehr Käse übergehe, habe ich noch einen letzten Social-Media-Aspekt für euch.
Fidias Panayiotou ist ein YouTuber aus Zypern, der in MrBeast-Ästhetik Content erstellt, der darauf aus ist, viral zu gehen: Letztes Jahr hat er ganz Japan verärgert, indem er ohne zu bezahlen mit dem Zug durch das Land gefahren ist, aber er macht auch Sachen wie die 100 berühmte Menschen zu umarmen (ca 90 davon waren YouTuber*innen und mir komplett unbekannt).
Er wurde von Zyprioten ins Europäische Parlament gewählt und konnte 19,3 % der Stimmen auf sich vereinen. Berichten zufolge hat er noch nie gewählt und hat keinen wirklichen Plan, was er politisch tun will, weil er nicht glaubte, dass er tatsächlich gewählt werden würde.
https://www.tagesschau.de/europawahl/fidias-europawahl-100.html
via Garbage Day
Google und der Käse
Bleiben wir dabei, Dinge mit Käse zu überbacken... Google wird den Kleber im Käse nämlich nicht los. Letzte Woche habe ich mich noch über die KI-generierten Empfehlungen der Suchmaschine amüsiert, dass man Kleber in den Käse mischen soll, um ihn so richtig schön schlotzig zu bekommen, wie die Schaben sagen. Wie ich, so musste das halbe Internet darüber lachen. Tja, und was macht ein LLM, wenn es mit tausenden Artikeln gefüttert wird, die irgendwas über Käse und Kleber schreiben. Es weiß nicht, was Semantik, geschweige denn Ironie ist und destilliert daraus die Information, dass Kleber in den Käse gehört. Schöne neue KI-Welt.
https://www.theverge.com/2024/6/11/24176490/mm-delicious-glue
X mag niemand mehr, das sieht man jetzt auch
Es war mal wieder eine wilde Woche im Hause Musk. Elon hat nicht nur mUtMAßlIcH Mitarbeiterinnen von Space X sexuell belästigt. Das Herrchen der KI "Grok" hat auch so viel Angst vor KI, dass es seinen Mitarbeiter*innen jetzt iPhones verbieten will, da Apple diese Woche vorgestellt hat, dass sie jetzt auch in AI machen, was bei ihnen natürlich Apple Intelligence heißt. Soweit, so wenig socialig. Doch Musk hat auch was für X getan: Dort kann man jetzt nicht mehr sehen, was du geliked hast.
https://fortune.com/2024/06/13/elon-musk-x-no-more-likes/
NOYB bleibt der Stachel in Metas Fleisch
Sorry, mir sind die dummen Käse-Witze ausgegangen. Max Schrems ist ein österreichischer Datenschutz-Aktivist, der 2011 erstmals gerichtlich gegen Facebook vorging, da er nicht einverstanden war mit der Daten-Sammel-Wut des Unternehmens. Seither sorgt er für Kopfschmerzen bei Meta, indem er sie einfach nicht europäisches Recht ignorieren lässt, sondern immer wieder mit Beschwerden und Klagen piesackt. Schrems großer Inpact auf die europäische Politik zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der europäische Gerichtshof mittlerweile zwei Urteile nach ihm benannt hat.
Auf der re:publica erklärten die Berliner Datenschutzbeauftragten Birgit Schaffitzel und Sebastian Kränzle in ihrem Talk, dass das Urteil Schrems II, das Modell "Pay or Consent" in Frage stellt. "Pay or Consent" kennt ihr nicht nur von Facebook und Instagram, sondern auch von vielen Nachrichten-Webseiten. Entweder zahlt man eine monatliche Gebühr oder man willigt ein, dass die eigenen Daten für Werbezwecke verarbeitet werden. Die Europäische Datenschutzbehörde (EDPB) ist der Auffassung, dass das nicht mit der DSGVO vereinbar ist und auf der re:publica prognostizierten Schaffitzl und Kränzle, dass das Modell ziemlich sicher bald gekippt wird.
Doch zurück zu Schrems, der hat mittlerweile die NGO NOYB (none of your business) gegründet. Und vielleicht habt ihr mitbekommen, dass Meta jetzt alle eure Daten auch noch für das Trainieren von KI einsetzen will. Daraufhin sagten Schrems und NOYB:
Sie haben dagegen Beschwerde eingelegt.
https://noyb.eu/en/noyb-urges-11-dpas-immediately-stop-metas-abuse-personal-data-ai
BeReal gehört jetzt Voodoo
BeReal wurde von der Mobile-Games-Schmiede Voodoo für eine halbe Milliarde gekauft. BeReal ist die Insta-Alternative, die darauf aus ist, dass du einmal am Tag ein möglichst ungestelltes Foto machst. Dafür terrorisieren die App dich dann den Rest des Tages mit Notifications, dass du dir die Fotos deiner Freund*innen ansehen sollst. Weswegen ich alle Notifications der App ausgestellt habe, was ihr wiederum den Witz nimmt. Enshittification ick hör dir trapsen.
Was geht auf Social Media? #13
Voodoo macht Handy-Spiele, in der Art, wie wir sie aus den Werbe-Posts auf Insta kennen, die in der Regel mit dem Hinweis kommen, dass das "actual game play" anders aussieht als die Werbung. Allerdings will ich Voodoo nichts unterstellen, bestimmt sind sie total knorke und machen BeReal noch viiiiiiel besser.
Die Letterboxd-Liste des Tages
Ein Netzwerk, das hingegen schon sehr lange sehr gut ist (vielleicht auch, weil es sehr vorsichtig darin ist, neue Features zu integrieren) ist Letterboxd. Und ich habe euch schon viel zu lange nicht mehr die Letterboxd-Liste des Tages präsentiert.
https://letterboxd.com/seanecoffey/list/90s-movies-that-wouldnt-exist-if-the-characters/
Adobe legt sich mit seinen Kund*innen an
"Was ein Käse" (SCNR), dachte sich diese Woche so manche*r Kreative*r. Denn Adobe hat neue Lizenz-Vereinbarungen rausgegeben, wonach das Unternehmen sämtliche Daten, die Kreative in der Creative Cloud gespeichert haben, nutzen dürfen, um ihre KI zu trainieren. Das beste daran: Man konnte nicht "nein" sagen. Man konnte sich nicht einmal ins Programm einloggen, um sein Konto zu löschen, ohne vorher die Vereinbarung zu akzeptieren. Die Kreativbranche ist extrem sauer. Zum Beispiel haben alle, die rund um Hollywood arbeiten, NDAs unterschrieben und dürfen ihre Daten gar nicht an Adobe geben.
https://www.creativeboom.com/resources/should-you-ditch-photoshop-with-immediate-effect/
Adobe rudert zwar jetzt zurück. "Das war alles ein Missverständnis". Aber dieses TikTok schaut sich die Lizenz-Vereinbarungen im Detail an:
Und da steht ganz klar, dass Adobe die Daten nutzen darf, "um den Service zu verbessern". Viele Kreative wechseln daher jetzt zu Alternativen.
Ein paar schöne Posts
Weil heute Freitag ist und ich das viel zu selten mache, hier ein paar schöne Posts. Habt ein tolles Wochenende!
https://bsky.app/profile/rachellense.bsky.social/post/3kuu2yshags2t
https://www.reddit.com/r/AskAGerman/comments/1df6gan/do_german_men_really_sit_down_to_urinate/
https://www.threads.net/@crow_shaw/post/C8KvbMMv8eY
https://mastodon.social/deck/@johl@mastodon.xyz/112614482131029540